KAPITEL XXVI – DIE ZERSTÖRUNG DES KAISERS

Im November 1918 wurde offenbar, daß sich das Rad der Zeit gedreht hatte. In der Woche vom 5.–12. November stürzten die monarchischen Throne Deutschlands, die Könige von Bayern, Sachsen und Württemberg, die Herzöge von Oldenburg und Baden, der Fürst von Reuß und schließlich Kaiser Wilhelm II. wichen der Revolution. Der Bolschewismus Rußlands breitete sich nach Europa aus. Zar Nikolaus II. und seine Familie waren ermordet (16./17. Juli 1918), die Monarchie Großrußlands, das Zarenreich, war zerstört, seine Transformation in die UdSSR (Union der sozialistischen Sowjetrepubliken) eingeleitet.
Die politische Kraft des Bolschewismus, der sich auf die Französische Revolution berief, war der Ideologie immanent. Sie kam aus der sozialen Spannung, die der Krieg verstärkt hatte. Die den Bolschewismus tragenden jüdischen Elemente verfügten über Empfinden für die Benachteiligten und Armen, auch über genügend finanzielles Potential, die Bewegung im großen Stil auszubreiten. Das deutsche Kaiserreich hatte den Bolschewismus gefördert, um Rußlands innere Widerstandskraft zu lähmen, die USA bezahlten zur Vernichtung des Zarismus die Revolutionäre über ein eigenes Kriegspropagandabüro in St. Petersburg.
Der Atheismus, vielgesichtig in verschiedenen Bewegungen organisiert, erfaßte die christlichen Völker im Umbildungsprozeß zur Massengesellschaft. Ihm mußte der Papst in Rom widerstehen.
Die historischen Grenzen des Abendlandes, fluktuierend, jedoch im geographischen Raum Osteuropas markiert, wurden während des Ersten Weltkriegs nicht von den Osmanen bedrängt, die sie als Verbündete der Zentralmächte verteidigten. Die Russen., sich dem Christentum entfremdend und von der Missionsidee des Panslawismus durchdrungen, waren die Konquistadoren. Im Frühling 1917 war Lenin mit seinen Anhängern aus der Schweiz nach Rußland zurückgekehrt. Er hatte Kerenskji und Trotzkyj besiegt und das Staatssystem, dessen Maschine von oben nach unten funktionierte, in die Gegenrichtung, von unten nach oben, umgestellt. Das Kollektiv riß die im Zaren konzentrierte Macht blutig an sich und übertrug sie dem kommunistischen System der Räte.
Ein anderer Sproß der Französischen Revolution, der Nationalismus, begann im 19. und frühen 20. Jahrhundert, die staatlichen Ordnungsprinzipien zu bestimmen. Seine Agitatoren behaupteten, die Macht wurzle in der Nation, die sich in Sprache und Geschichte der Völker ausdrückte. Das Gottesgnadentum, die Legitimierung der Macht durch Gott und ihre Verantwortung vor ihm , sei ein mittelalterlicher Anachronismus. Die Staatsbildungsprozesse würden von den Nationen als Letztursachen der Nationalstaaten bestimmt. Die klassischen Nationalstaaten Europas, England, Frankreich und Spanien, waren im 16. Jahrhundert entstanden, erst im 19. Jahrhundert folgten ihnen Deutschland und Italien. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts betrachteten sie ihre nationale Einigung als unvollständig. Deutschland strebte nach der Integration Österreichs, Italien nach den italienisch sprachlichen Teilen Südtirols, zunächst nach dem Trento, später nach dem ganzen Südtriol mit der Brennergrenze, ohne Rücksicht auf dessen deutschsprachige Bevölkerung. Die Slawen Ost–und Südosteuropas wie die Polen, Böhmen, Slowaken, Kroaten, Slowenen, Serben in multinationalen Staaten beheimatet, wurden von den Nationalismen Rußlands und Westeuropas stimuliert, vom gesteigerten Deutschnationalismus des Krieges provoziert.
Der Ruf nach Freiheit verkündete im heraufziehenden Massenzeitalter das politische Mitspracherecht der Bürger, das Selbstbestimmungsrecht der Völker. Im Einfluß der Industriellen Revolution sprengte der Liberalismus alte Wirtschaftsordnungen und bewirkte gesellschaftliche Veränderungen nach den Normen des Kapitals, was Bolschewismus und Sozialismus zum Kampf motivierte.
Im Ersten Weltkriegs rang man um die Vorherrschaft; zunächst in Europa und seinen Kolonien, dann in der gesamten Welt. Dabei wurden die Existenzen der Kriegführenden in frage gestellt, Deutschlands und Italiens, Österreich–Ungarns und des Osmanischen Reiches, Rußlands, der Balkanstaaten, Belgiens und Frankreichs.
Das Habsburgerreich des 19. und frühen 20. Jahrhunderts war in verschiedenem Grad von den Strömungen und Bewegungen aus der Französischen Revolution betroffen. Die Verfassungen von 1867, von der 48–er Revolution und den ihr folgenden Kriegen erzwungen, entsprachen nicht der multinationalen Vielfalt der Völker. Sie respektierten die Deutschen und Ungarn und vernachlässigten die politischen Ansprüche von Slawen, Ruthenen, Rumänen und Italienern, die in der Folge irredentistische Bewegungen erfaßten. Der Liberalismus beschränkte zunehmend die Rechte des Kaisers, der sich an die Gesetze hielt und das Gottesgnadentum repräsentierte. Kaiser Franz Joseph, trug neben dem deutschen (protestantischen) Kaiser und dem russischen (orthodoxen) Zaren die österreichische Kaiserkrone. Er vermochte bei allen Spannungen das innere Gleichgewicht des Reiches im Kompromiß zu erhalten. Die Verfassungen von 1867 konnte oder wollte er nicht mehr revidieren, sie der Realität der Bevölkerungen anpassen und das Kaiser–und Königtum in den Kronländern im historischen Kontext erneuern. Die Rivalität von Habsburgern und Hohenzollern , dem katholischen und dem protestantischem Kaiser um die Vorherrschaft im Raum des einstigen Heiligen Römischen Reiches, bestand trotz aller Verträge, Besuche und Freundschaftsbezeugungen, Waffenbruderschaft und Militärhilfe.
Seit dem Ende des 19. Jahrhunderts stand ein Vereintes Europa, “Mitteleuropa,” das zentraleuropäische Staaten einbezog, und “Großösterreich,” das die Kronländer integrierte, zur Diskussion. Alle forderten die Zusammenschlüsse auf der Grundlage des Föderalismus. Kaiser Franz Joseph ignorierte die Thematik des ” Thronwechsel–Programms ” von Eh Franz Ferdinand, so wie er den Thronfolger selbst politisch kalt stellte. Nachdem es mißglückt war, im Frühling 1915 mit Rußland das Friedensgespräch zu beginnen, als sich der Krieg ausweitete, Rumänien im Sommer 1916 auf Seiten der Entente in den Krieg eintrat, Österreich–Ungarn zunehmend wirtschaftlich, finanziell und militärisch von Deutschland abhängig wurde, erklärte sich Franz Joseph mit der Übertragung des Oberbefehls über die Streitkräfte der Zentralmächte an Kaiser Wilhelm II. einverstanden. Es scheint, als hätte er zweieinhalb Monate vor seinem Tod zugunsten eines siegreichen Kriegsendes den dynastisch–politischen Vorrang der Hohenzollern akzeptiert.
Sein Nachfolger, der 29 Jahre alte Eh Carl Franz Joseph, Kaiser und König Karl I (IV.), war weder schwach im Kopf, noch unvorbereitet, in der Ausbildung vernachlässigt. Er war charakterlich nicht “zu weich,” wie vielfach behauptet wurde, kein “Ja–Sager”, der immer dem zuletzt Audienz Gewährten Recht gab und schon gar kein Trinker und Lebemann. Er war “gescheit und voller gutem Willen,” wie Franz Joseph selbst bestätigte, fromm, sehr diszipliniert, gewissenhaft, gründlich und verantwortungsbewußt, militärisch begabt und ambitioniert, jedoch ohne Regierungspraxis, arglos und ohne große Menschenkenntnis. Seine politischen Ideen richteten sich auf die Föderalisierung des Habsburgerreiches, auf die Bildung der “Vereinigten Staaten von Österreich”, sein Mitteleuropakonzept, das verschiedentlich Polen, Rumänien, Serbien, Montenegro einbezog, kreuzte sich mit den Plänen Friedrich Naumanns von einem deutsch beherrschten Mitteleuropa von Berlin bis Bagdad. Der Naumann Plan, den Kaiser Wilhelm II. adoptiert hatte, dessen Realisierung Hindenburg und Ludendorff planten, sah vor den Habsburgerstaat als Vasall nach dem Muster Bayerns in die deutsche Machtsphäre einzubeziehen.
Kaiser Karl schwebte eine Wiedergeburt des Heiligen Römischen Reiches deutscher Nation vor, er war in großer Devotion vor dem Papst, als dessen treuer Sohn er sich unterschrieb, vom Bewußtsein des Gottesgnadentums erfüllt. Tief religiös verstand er sich als advocatus et defensor ecclesiae, als Schutzherr und Verteidiger der Kirche auch im Zeitalter der antiklerikalen Massen. Im Gegensatz zu den Germanisierungstendenzen Kaiser Wilhelms II. perhorreszierte er den preußischen Militarismus, strebte nach der politischen und kulturellen Gleichberechtigung aller Nationalitäten der Donaumonarchie, auch der Slawen und nach dem Frieden der Völker.
Wie sehr Österreich–Ungarn vom Bolschewismus bedroht war, hatte das Attentat Friedrich Adlers auf den Ministerpräsidenten Stürgkh bewiesen. Der Griff Deutschlands nach dem Habsburgerreich führte den jungen Kaiser zum Gespräch mit Frankreich, an dessen Seite sein Schwager, Prinz Sixtus von Bourbon von Parma, kämpfte. Zu Weihnachten 1916 war Deutschland nicht wirklich friedenswillig, die Siegesutopie drängte es zum erweiterten, verschärften U–Boot Krieg, in den Österreich–Ungarn durch seine Militärs (Conrad von Hötzendorf und Großadmiral Haus) und gegen den Willen Kaiser Karls hineingezogen wurde. Nun traten die USA in den Weltkrieg ein. Ihre Kriegserklärung galt vorläufig Deutschland allein, Österreich–Ungarn blieb noch eine Frist um mit der Entente zum Frieden zu gelangen. Kaiser Karl versuchte es über den Papst mit Italien, über seinen Schwager Sixtus mit Frankreich und England, persönlich und über Eugenio Pacelli mit Kaiser Wilhelm II.
Sämtliche offizielle und inoffizielle Friedensbemühungen und Sondierungen vom Frühling bis zum Spätherbst 1917 scheiterten an Widerständen in der Entente und in Deutschland. Im Rücken der Entente standen die Freimaurer Westeuropas mit ihren ideologischen Kriegszielen. Der Kampf um Macht, Einfluß, Länder und Kolonien wurde zum Kampf der Demokratie gegen den Imperialismus, zum heiligen Krieg für Völker,–Menschen–, Selbstbestimmungs,–und Nationalitätenrechte, zur Verteidigung der Humanität gegen das “despotische Gottesgnadentum der Könige.” Es sollte nach der Niederwerfung Deutschlands und der Trennung von Völkern und Regierungen ein Vereinigtes Europa das Werk der Französischen Revolution krönen. In Belgien, das Deutschland okkupiert und in seiner Neutralität verletzt hatte, sollte Brüssel zur europäischen Hauptstadt werden. Die Liga der Nationen und ein Schiedsgerichtshof sollten in der Zukunft Kriege verhindern.
Die der Entente Verbündeten stellten sich hinter Präsident Wilson, als er den päpstlichen Friedensappell vom 1. August 1917 höflich zurückwies, an dem Kaiser Karl mitgearbeitet hatte. Die Friedensversuche scheiterten ebenso an Deutschland, das die von Pacelli eingeleitete päpstliche Vermittlung mit England umging und nichtssagend den Friedensappell Benedikts XV. beantwortete. Deutschlands imperialistische Utopien konzentrierten sich auf Gebiete mit Kohle–und Erzvorkommen in Westeuropa uns auf das revolutionäre Rußland, um sich auf dem Kontinent weit nach Osten und Südosten auszubreiten. Damals warnte Kaiser Karl, die Friedensbemühungen zu verzögern, sonst würden die Völker über die Köpfe der Regierungen hinweg Frieden machen.
Doch das Kriegsende schien im Herbst 1917 in Sicht: die Bolschewisten Rußlands ersuchten um den Waffenstillstand, parallel dazu konnten die Siege der 12. Isonzoschlacht Verhandlungen mit der Entente ermöglichen. Großbritannien wäre bereit gewesen, das europäische Mächtegleichgewicht zu erhalten und das in eine Föderation umgestaltete Habsburgerreiches bestehen zu lassen. Die USA sollten nicht in Europa Fuß fassen. Doch Italien erreichte in Sorge um den Bestand seiner nationalen Einigung, die Kriegserklärung der USA an den Habsburgerstaat unter dem Titel, Österreich–Ungarn wäre der Vasall Deutschlands. Ähnliches behaupteten die Exiltschechen. Sie konnten bedeutende britischer Journalisten gewinnen, im großen Stil den Propagandakrieg gegen die Donaumonarchie zu starten.
Der letzte ernsthafte und vielleicht aussichtsreichste Friedensversuch Kaiser Karls mit den USA scheiterte am eigenen Außenminister. Graf Ottokar Czernin hatte sich seit Herbst 1917 für den Anschluß des Habsburgerreiches an Deutschland entschieden und gegen den eigenen Kaiser gearbeitet. Czernin wollte Kaiser Karl mit der von ihm selbst inszenierten “Sixtusaffaire” zum Verzicht auf die Regierungsgeschäfte bestimmen, einen Regenten einsetzen und als Kanzler selbst den Anschluß an Deutschland vollziehen. Czernin, der bei diesem Versuch eines Staatsstreichs den österreichische Hochadel, selbst Mitglieder des allerhöchsten Hauses hinter sich versammelte, zielte auf die Identifikationsfiguren des Reiches, auf den Kaiser und auf die Kaiserin. Er verleumdete sie mit seiner Flüsterpropaganda.
Damit brach der Propagadakrieg gegen das Kaiserpaar aus. Mit Zielrichtung auf die Zivilbevölkerung bekämpfte die deutsche Propaganda den “Verräter”, der angeblich ungebildet, feige, schwächlich und verlogen ohne Wissen des Bundesgenossen mit der Entente geheime Sonderfriedensgespräche geführt und “Parma”–Politik betrieben hätte. Die Ententepropaganda, die sich der “Unterdrückten Völker Österreich–Ungarns” annahm, stellte den Truppen an den Fronten ihren allerhöchsten Kriegsherren als unintelligenten Schwächling, als Trinker und Ehebrecher hin und provozierte die slawischen Regimenter zur Desertion.
Die von Czernin erzwungene Annäherung des Kaisers von Österreich an Deutschland, die angeblich vereinbarte Militärkonvention und das Wirtschaftsabkommen (Monarchenvertrag von Spa), und die mißglückte Piave–Schlacht legitimierten die USA, sich der “Unterdrückten Völker” anzunehmen und die Auflösung des Habsburgerreiches zu beschließen. Am 4. Juli 1918 verkündete Wilson beim Grab George Washingtons das Todesurteil über das Habsburgerrreich und seinen Herrscher, sowie die Ausbreitung der Französischen Revolution auf die große Bühne der Welt.
Selbst nach der verlorenen Marneschlacht vom August 1918 war Deutschland nicht zum gemeinsamen Friedensschluß bereit. Alle folgenden Anstrengungen Kaiser Karls mit den Westmächten zu verhandeln und die Monarchie zu erhalten, waren vergeblich, die Intervention des Papstes, seine Warnung vor dem Eindringen des Bolschewismus in Europa blieb, vorerst bei den Akten.
Die österreichischen Bischöfe hatten sich im August 1918 zum letzten Mal für Thron und Altar und das “Gottesgnadentum des Kaisers” ausgesprochen. Die Ereignisse der nächsten Monate bestärkten ihre latente Skepsis. Der Kaiser versuchte unmittelbar nach dem österreichisch–ungarischen Waffenstillstandsangebot an die USA die Umwandlungen des Reiches in ein Bundeskaisertum, in einen Bundesstaat, was Tschechen und Ungarn ablehnten und die Österreicher zur Ausrufung der Republik animierte.
Kaiser Wilhelm II. dankte am 9. November 1918, veranlaßt vom Reichskanzler Max von Baden und der sich drohend ausbreitenden bolschewistischen Revolution als deutscher Kaiser, später auch als König von Preußen ab. Er ging nach Holland ins Exil und suchte nicht, den Tod auf dem Schlachtfeld, um das Schicksal des deutschen Reiches zu retten, was man ihm, der germanischen Mythologie entsprechend, zumutete,.
Inzwischen hatten die Warnungen der amerikanischen Diplomaten aus der Schweiz, vor der großen Gefahr des Bolschewismus, der die ungebildeten und hungrigen Massen Osteuropas erfaßte, Washington erreicht. Jetzt landete auch das päpstliche Schreiben vom September 1918 auf dem Schreibtisch des Präsidenten. Wilson folgte dem Vorschlag aus dem state departement, Lebensmittelhilfe in großem Ausmaß sofort zu gewähren und in Europa den gemäßigten Sozialismus zu unterstützen, um den Bolschewismus zu bannen. Schon am 08. November 1918 erhielt der sozialdemokratische Präsident des österreichischen Nationalrates Karl Seitz ein diesbezügliches Telegramm Wilsons, was die österreichischen Sozialdemokraten zum Propagandakrieg gegen die Habsburger ermutigte und schließlich zur sogenannten Verzichtserklärung Kaiser Karls führte. Der Herrscher dankte nicht–wie der protestantische Kaiser Wilhelm II.–ab, er verzichtete vorläufig auf die Regierungsausübung, auf die Geschäftsführung. Die Ausrufung der Republik Deutschösterreich und ihr Anschluß an Deutschland machte diese kaiserliche Verzichtserklärung ungültig. Doch die Ereignisse stellten sich gegen die Gesetze.
Von den USA mit hohen Krediten dotiert, zerrissen die Tschechen als erste die Ketten, die sie an die Habsburger banden. Die Österreicher, nur zum Teil vom Sozialismus erfaßt, wollten noch die Dynastie, wenn auch nicht Kaiser Karl, dessen Popularität total vernichtet war. Ihn, den Kaiser, der sich nach seinem Jagdschloß Eckartsau zurückgezogen hatte und die Ereignisse abwarten wollte, bedrohten dort bolschewistische Banden: aus Konstantinopel war bereits seine und seiner Familie Ermordung angekündigt. Er weigerte sich, abzudanken und das Land zu verlassen. Mit Hilfe des Schwagers Sixtus unter britischen Schutz gestellt, ging er ins Asyl in die Schweiz, ohne die Kronen des Reiches abgelegt zu haben. Dafür trafen ihn und alle Mitglieder seines Hauses, die keine Erklärung für die Republik abgegeben hatten, die österreichische Landesverweisung, die österreichische Dethronisation und der Vermögensverlust.
Ungarn war schon zum Teil bolschewistisch durchsetzt, das Intermezzo der Räterepublik provozierte die Konterrevolution und die Erklärung des Landes, weiterhin ein Königreich zu bleiben. Die kommunistische Gefahr an der gesamten Ostgrenze Europas veranlaßte sowohl den französischen Ministerpräsidenten Briand wie Papst Benedikt XV., Kaiser Karl zur Restauration aufzufordern und von Ungarn aus die Rückeroberung der Länder wie die Errichtung der Donaukonföderation zu versuchen. Beide Rückkehrversuche nach Ungarn mißlangen. Sie scheiterten an Nikolaus von Horthy, an seinem Doppelspiel mit dem ungarischen Nationalkönigtum und mit dem habsburgischen König, an den Tschechen und den Freimaurern im Hintergrund, wie an den neuen Machthabern der sogenannten Nachfolgestaaten. Das Kaiserpaar ließ sich gefangennehmen und von den Engländern, die es seit 1919 vor den Bolschewisten schützten, nach Madeira verbannen. Am 06. November 1921 dethronisierten die Ungarn König Karl IV. unter dem Zwang der Entente. Er bestand auf seinen Rechten, auch als man ihm Macht, Ehre, Reichtum und Einfluß nahm, ihn von der Bühne der Öffentlichkeit stieß, gefangen hielt und der Armut überließ. Anders als Wilhelm II., der sich mit der Abdankung seine Existenz im holländischen Exil erkauft hatte, seinen Kunstbesitz zurückbekam und finanziell sehr gut ausgestattet in Haus Doorn seinen schöngeistigen Pseudohof hielt , lebte Kaiser Karl in Madeira ohne finanzielle Mittel. Erfüllt von seiner Berufung des Gottesgnadentums und von Plänen für ein neues Österreich, stellte er alle Ansprüche der Familie zurück und opferte sich bis zum letzten Atemzug. Grillparzer hatte es vorausahnend im “Bruderzwist” formuliert
“Doch wenn es wahr ist, daß Gott die Kronen gibt,
Geziemt es Gott allein nur, sie zu nehmen,
Sie abzulegen, selbst, auch ziemt sich nicht!”
Kaiser Karl starb wenige Monate nach Papst Benedikt XV. am 1. April 1922. Mit ihm war das österreichische Kaisertum, das sich als Erbe des europäischen, abendländischen Kaisertums betrachtete, erloschen.