KAPITEL XIII – ZUR MILITÄRISCHEN SITUATION ÖSTERREICH–UNGARNS IM SOMMER UND HERBST 1917

Kaiser und König Karls veränderte nach seinem Regierungsantritt nicht nur die politische sondern auch die militärische Führung Österreich–Ungarns. Er selbst übernahm das Armeeoberkommando (2. Dezember 1916) und ersetzte den Chef des Generalstabs, Franz Conrad von Hötzendorf, durch General Arthur Arz von Straußenburg (27. Februar 1917). Auf Feldmarschalleutnant Josef Metzger, Chef der Operationsabteilung und Stellvertreter Conrads, folgte General Alfred Frh von Waldstätten, der eigene Generalstabschef während der Südtiroloffensive von 1916. Auch leitende Offiziere einzelner Spezialabteilungen wurden ausgetauscht. Prinzip der Veränderungen war der Einsatz von front–und truppenerfahrenen Offizieren im Generalstab. Sie sollten nicht nur am “grünen Tisch” arbeiten können sondern auch die Vielfalt der Völker in der Donaumonarchie repräsentieren. Auf die Ungarn wurde besonders Rücksicht genommen.
Ferdinand Ritter von Marterer der einstige Stellvertreter von Arthur Bolfras von Ahnenburg wurde Chef der Militärkanzlei S.M.
Im Gegensatz zum alten unbeweglichen AOK, vom Thronfolger in den ersten Kriegsjahren häufig kritisiert und von Conrad in seinen nachgelassenen Papieren vehement verteidigt, wurde das “neue AOK” sehr mobil. Der Kaiser arbeitete mit dem Generalstabschef entweder in Baden (Kaiserhaus), in Reichenau (Villa Wartholz und Villa Meran) oder während der fast unausgesetzten Reisen an die verschiedenen Fronten im Hofzug. Waldstätten galt als eigentlicher Generalstabschef . Er arbeitete hauptsächlich in Baden und trat nur bei der Vorbereitung von Offensiven in Erscheinung. Veränderungen gab es auch im k.u.k. Kriegsministerium und in den Ministerien für Landesverteidigung. Neben den Ministerien für Volksernährung entstand die Zentralstelle ” Chef des Ersatzwesens für die gesamte bewaffnete Macht” unter GO Frh von Hazai, ehemals Honvedminister.
Die Verbindungsoffiziere zu den Bundesgenossen blieben auf ihren Posten: General August von Cramon fürDeutschland, der Albaner, Generalleutnant Pertek Pascha für die Türkei, Oberst Iwan Tantiloff fürBulgarien. Die Verwaltungsapparate aller Militärbehörden wurden vergrößert, um Veränderungen in der Kriegführung und Probleme des Ersatzwesens zu meistern.
Bis Ende des Jahres 1916 waren von 7,5 Millionen wehrpflichtigen Männern in der k.u.k. Armee zwischen 18 und 50 Jahren (= 67% der Gesamtheit der Wehrpflichtigen), 700.000 gefallen, 600.000 kriegsuntauchlich geworden, 1,500.000 in Kriegsgefangenschaft geraten, was den Ausfall von insgesamt 2,800.000, mehr als eines Drittels der Wehrmacht, darstellte. Nach Arz, der die Zahlen vom Februar 1917 angibt, hatte der Krieg bis dahin 3 Millionen Menschen aufgebraucht, für den Ersatz stand nur mehr eine halbe Million Mann zur Verfügung. In den Jahren 1914 und 1915 betrug der monatliche Verlust an Soldaten im Durchschnitt 224.000 Mann, von denennach ihrer Genesung jeweils 50.000 zur Front zurückkehrten. 1916 verzeichneten die Verlustlisten monatlich 140 000, unter ihnen waren mehr Kranke als Verwundete. Es war klar, man mußte Frieden schließen.
Die Not am Mann hatte Gefängnisse geöffnet und Jugendliche aus Korrektionsanstalten zum Kriegsdienst verpflichtet. In dieser Situation erschienen den Offizieren die humanisierenden Befehle des Kaisers, die Strafmittel zur Erhaltung der Disziplin aufhoben, als verfehlt. Es handelte sich um das Anbinden und um das Schließen in Spangen. Die Offiziere verloren damit Sanktionen, Disziplinlosigkeiten bei ihren Truppen legten sie den Verordnungen des Kaisers zur Last
In die Anfänge des Jahres 1917 fiel die Anpassung der k.u.k. Armee an die sich technisch sehr verändernde Kriegführung: die k.u.k. Truppen erhielten feldgrüne Uniformen und Stahlhelme nach deutschem Vorbild.
Der seit Herbst 1916 bestehende Plan für den Einsatz neuer Waffen, wie Minen–und Granatwerfer sowie Infanteriegeschütze, wurde 1917 wirksam. Im weiteren erfolgte der Ausbau von Artillerie und Luftabwehr (Flugabwehr, Flugbeobachtung, Flugmeldedienst). Die Technik war in den Krieg eingezogen. Man begann, Pferde durch Automobile zu ersetzen. Es entstanden Telephon–und Kampfmittelzüge. Man benötigte Technische Truppen ( Pioniere, Sappeure), Spezialabteilungen für die Verwendung von Elektrizität an der Front, zum Ausbau der Bahnen (Heeresbahnkommando Südost), zur Installation von Seil–und Rollbahnen.
Der Gaskrieg, in Österreich–Ungarn nur in der Defensive erlaubt und gegen das Völkerrecht, wurde im Frühling 1917von allen Kriegsteilnehmern praktisch legalisiert. Man verwendete neue chemische Kampfstoffe, anfangs für das Gasblaseverfahren, später für Gaswerfer, von den Engländern erstmals am 4. April 1917eingesetzt. In der k.u.k. Armee wandte man bis Mai 1917 siebenmal das Gasblaseverfahren an.
Damals begann die Armeereform, die Zusammenlegung von Divisionen und Regimentern, die Umstrukturierung von Infanteriedivisionen, die Verschiebung von 12 Kavalleriedivisionen zur Infanterie, die Einführung von gemischten Waffen (Minen-, Granat- und Flammenwerfer, Scheinwerfer und Panzerwaffen), die Aufstockung der Artillerie, die Formierung von Panzerzügen.
Der Chef des Generalstabs informierte am 18. Juli 1917 mit der “Darstellung der materiellen Lage der Armee im Felde” 60 Persönlichkeiten und Dienststellen. Er befaßte sich ausführlich mit der wirtschaftlichen Situation, von der die künftige Kriegführung abhing. Arz stellte fest, was ein “Durchhalten” bis zum Kriegsende benötigte.
Die Deutschen waren der Ansicht, Österreich–Ungarn würde mit seiner Erklärung, keinen vierten Kriegswinter überstehen zu können, falsche Tatsachen vorspiegeln und dennoch in der Lage sein, weiter zu kämpfen. Sie unterschoben dem Bündnispartner, sie aus Eigensucht zum Frieden zu motivieren. Der geheime Zustandsbericht bestätigt den Wahrheitsgehalt der österreichisch–ungarischen Erklärungen vom notwendigen Kriegsende, die wirtschaftliche Not, die von der isolierten Lage der Zentralmächte verursacht war. Man suchte, die Balancen zwischen Front und Hinterland zu halten, Reichsverteidigung und innere Ruhe durch sparsamste Ökonomie mit den vorhandenen Gütern zu sichern.
Arz beschrieb die Verpflegung der Armee im Felde, die wirtschaftliche Verwertung der okkupierten Gebiete (Rumänien, Polen, Montenegro und Serbien), das Sanitätswesen, das Train–und Pferdewesen, das Automobilwesen, die Eisensituation, die Situation von Holz, Holzkohle und Kohle, die Beschaffung von Wäsche, Kleidung und Schuhwerk, das Währungsproblem.
Die Dürre des Sommers 1917 verhieß eine schlechten Ernte: Österreich hatte große Versorgungsschwierigkeiten mit Mehl und Hafer, die Lage in Ungarn war weniger angespannt. Nur die im Fronteinsatz stehenden Truppen konnten voll verpflegt werden. Die Fortsetzung des Krieges hing von der Requirierung wirtschaftlicher Güter in den okkupierten Gebieten ab.
Die hervorragend arbeitende Sanität hatte die Kriegsseuchen (Cholera, Bauchtyphus, Ruhr und Fleckfieber) gebannt, einen großen Teil der Verletzungen mit Hilfe der Chirurgie geheilt und die Mortalität der Soldaten drastisch gesenkt. Nun verzeichnete man 1917 einen starken Rückgang von Militärärzten und medizinischem Personal, das Sanitätsmaterial war mehr als knapp.
Wegen mangelndem Pferdefutter, zum Teil bereits für die menschliche Ernährung herangezogen, ersetzte man systematisch Pferdetrains durch Automobile. Monatlich wurden etwa sechs Autokolonnen fertiggestellt. Außerdem brauchte man Autos für die schwere Artillerie, für Fliegerformationen etc. Während des Krieges wurde die Tonnage der Autotruppe mindestens verzehnfacht. Ein Drittel der fahrenden Staffel ersetzten Automobile, ein weiteres Drittel Seil–und Rollbahnen , als Rest blieben unverzichtbar im Gebirgskrieg die Pferdetrains. Ihr Personal war wegen der Entlassung der 51–und 52 Jährigen knapp, es mußten sehr oft Trainaustauschleute “minderer Qualität” verwendet werden. Benzin und Gummi waren kostbar; nur bis Ende Februar 1918 konnte man mit dem notwendigen Reifenbedarf rechnen. Der Personenautoverkehr im Hinterland war auf ein Minimum zu beschränken.
Gegenüber 1916 sank die Eisenproduktion um 13%, für das zweite Halbjahr 1917 erwartete man einen Produktionsausfall von 20%, während der Eisenverbrauch des Militärs ständig stieg. Die Ursache dieser Diskrepanz lag in der Unterernährung der Eisen–und Stahlarbeiter und im Produktionsrückgang bei der Kohlenförderung. Trotz des Ankaufs von Holzvorräten aus Bosnien und Ungarn, waren letzte Reserven verbraucht. Armee und Kriegsindustrie benötigten dringend Brennholz und Holzkohle. Die Holzpreise stiegen auf das drei–bis fünffache. Das Hinterland war mit Brennholz unterversorgt. Die Kohleförderung stagnierte um 40 Millionen Zentner, die Einfuhr aus Oberschlesien ging um 20 Millionen Zentner zurück.
Der Mangel an Arbeitskräften, an Holz und Kohle erzwang Umstellungen auf maschinelle Erzeugung und Elektrizität bei Bahnen, Rüstungs–und Munitionsbetrieben. Man konnte nur hoffen, ohne größere Betriebseinstellungen und ohne Unruhen in der Bevölkerung den kommenden Winter zu überstehen.
Fehlende Baumwolle, zu wenig Schafwolle und Leinen erzwang die Ausstattung der Armee mit minderwertigen Textilien(Kunstwolle). Bergschuhe fehlten.
Der Devisenbestand war erschöpft, die Krone im neutralen Ausland systematisch entwertet. Nachdem England für die Zentralmächte die Kredite sperrte, waren Valuten neutraler Staaten schwer zu erhalten. Die Goldbestände der Monarchie verminderten sich, nur für Kriegszwecke durfte importiert werden. Nach dem Friedensschluß erwartete man wiederauflebende Handelsbeziehungen und die Erholung der Volkswirtschaft. Nachdem alle Kriegsanleihen ausschließlich von der Bevölkerung der Donaumonarchie gezeichnet waren, blieben Zinsen und Kapital im Land.
Das Nationalitätenproblem, in der ersten Hälfte des Krieges unterschwellig wirkend, wurde in der k.u.k. Armee 1917sichtbar. Es entsprach der Kriegsentwicklung. Kleinere Einheiten, in der Folge entscheidend für den Kampf, wurden zunehmend von Reserveoffizieren geführt, deren Nationalität meist mit jener der Mannschaft übereinstimmte. Der Vorteil der besseren Verständigung mit der Truppe entpuppte sich zum Risiko, sobald die Führungsaufgaben des ehemaligen Reserveroffiziers mit seinen national–politischen Intentionen kollidierten.
Um in der Armee die Nationalitätenfrage zu binden, entstanden in der zweiten Hälfte des Jahres 1917 multinationale Regimenter, deren Offiziere sich oft kaum mit der Mannschaft verständigen konnten. Das verhinderte zwar größere Desertionen, reduzierte jedoch den Kampfwert der Truppe. Das Nationalitätenproblem der Armee korrespondierte mit jenem der Zivilbevölkerung, das bei der Eröffnung des österreichischen Reichsrates (30. Mai 1917) ausbrach. Die Armee, aus zehn Nationen rekrutiert, wurde hauptsächlich von österreichischen Offizieren geführt.
Was den Einsatz und die Kampfmoral der Nationalitäten betrifft, hatten Soldaten aus Ungarn und Bosnien–Herzegowa größere Verluste als die deutschsprachigen. Deren Verlustquoten betrugen 33,0 %; jene der Slowenen 17,4%, der Mährer und–Slowaken 9,7%, der Italiener 5, 5%. Die niedrigsten Verluste hatten die Tschechen: 1,6 %.
Conrad unterdrückte mit Ausnahmegesetzen, in der Durchführung vom Kriegsüberwachungsamt kontrolliert, in der Armee das Nationalitätenproblem. Instruktion und Dienstregelement für Militärassistenzen ( 1908 und 1909) ermöglichten, Zivilpersonen den Militärgerichten zu unterstellen und sehr drastische Strafen, auch das Standrecht, zu verhängen. Die Berichte Conrads an Kaiser Franz Joseph aus dem Jahre 1915 (25. September) machten für das unverläßliche und antipatriotische Verhalten von tschechischen Regimentern die russophile Agitation in Galizien und in der Bukowina sowie die Agitation großserbischen Politiker verantwortlich.
Sobald der Reichsrat einberufen, der § 14 als Regierungsinstrument gefallen, Ausnahmegesetze und Militärgerichtbarkeit sistiert waren, stand auch in der Armee der Patriotismus zur Disposition.
Exakt zum Zeitpunkt, als im österreichischen Reichsrat die Tschechen den eigenen Staat forderten und dem jungen Kaiser ihre Huldigung versagten , entstand die “Tschechoslowakische Legion”. Ihre Anfänge reichen in den Sommer 1914 zurück , als Tschechen in Paris und Moskau eigene Einheiten der russischen Armee zur Verfügung stellen wollten. “Die Hussitenlegion” unterstand vorläufig russischen Offizieren. Später wurden auch Tschechen auf untere Offiziersränge in der dritten russischen Armee, die in Galizien kämpfte zugelassen. Beim Betreten des von Tschechen und Slowaken besiedelten Gebietes sollte die “Tschechoslowakische Brigade”, einen allgemeinen Aufstand gegen Österreich–Ungarn entfachen. Die Desertion der auf österreichischer Seite kämpfenden Tschechen, die sich gefangen nehmen ließen und der Agitation für die “Tschechoslowakische Legion” nachgaben, hielt sich in Grenzen, sie betrug Ende 1915 250 Mann.
Nach den Mitteilungen von Edvard Beneš an das britische Außenamt vom Herbst 1917, wurde in den russischen Kriegsgefangenenenlagern seit Mitte Juni 1916 für die “Tschechoslowakischen Legion ” geworben. Der slowakische Astronom, Milan Rostislav Stefánik, er war in der französischen Armee vom Fliegeroffizier zum Kommandanten aufgestiegen, begann sie zu organisieren. Thomas Masaryk errichtete dann während seines Aufenthaltes in Rußland im Mai 1917 die “Tschechoslowakische Legion” und bereitete ihre Überstellung nach Frankreich vor. Die Exiltschechen wollten die Russische Revolution zwar für ihre Zwecke nützen, jedoch gleichzeitig sich von ihr distanzieren. Sie agitierten auch in den USA, wo angeblich mit der Zustimmung Wilsons 10.000 Freiwillige der “Tschechoslowakischen Legion” beitraten. Auch in italienischen und französischen Kriegsgefangenenlagern setzte die Werbung ein. Beneš hoffte, im Frühjahr 1918 50.000 bis 60.000 Tschechen in Frankreich der Entente zur Verfügung stellen zu können.
Der Krieg mit Rußland lebte im Sommer 1917 wieder auf. Der neue russische Oberbefehlshaber General Brussilow begann in der Erinnerung an seine glänzenden Erfolge von 1916 bei Olyka und Luck am 30. Juni die sogenannte “Kerenskij Offensive” , benannt nach dem nunmehrigen russischen Kriegsminister Alexej Kerenskij. Drei russische Armeen griffen in Ostgalizien österreichisch–ungarische und deutsche Frontlinien an.
Während die Deutschen im Abschnitt von Zloczów – Koniuchy ihre Stellung hielten, konnten die Russen im Kampf um die Höhe Moglia bei Zborów die österreichische Front durchbrechen. Am 2. Juli waren nach anfänglichem Widerstand zwei österreichische Regimenter (IR Nr. 35 und Nr. 75) kampflos zum Feind übergegangen. Ursache dieses passiven Verhaltens war die “Tschechoslowakische Brigade” auf russischer Seite. Als die Tschechen dieser beiden Regimenter bei den Gegnern ihre Muttersprache vernahmen und es ihnen bewußt wurde, daß sie gegen Landsleute kämpften, ergaben sich cca 5.000 Soldaten und Offiziere. Von der “Tschechoslowakischen Brigade” waren 1.000 Mann verwundet, 159 tot, es gab keine Gefangenen. Sie erbeutete 15 Kanonen und viele Maschinengewehre.
Die Bedeutung dieser Ereignisse liegt nicht im Militärischen. Kriegshistoriker bewerten die Schlacht bei Zborów als “vorübergehende Episode”. Ihre Geschichtsmächtigkeit bewirkte der fatale Umstand, daß Kaiser Karl am selben Tag die Amnestie erlassen hatte. Er konnte von den Ereignissen an der russischen Front noch nichts gewußt haben. Das Offizierskorps fühlte sich angesichts des hochverräterischen Verhaltens der Tschechen vom Allerhöchsten Kriegsherrn desavouiert, das Echo der Empörung war lautstark: Hochverrat wurde begnadigt! Die bereits schwelende Autoritätskrise innerhalb des Offizierskorps wurde verstärkt und Frh von Georgi, der österreichische Landesverteidigungsminister, demissionierte.
Parallel zu diesen Ereignissen zeichnete sich in Ungarn der Widerstand gegen Tendenzen ab, die deutsche Armee mit der österreichisch–ungarischen zu verschmelzen. Die Militärkonvention, von der DOHL seit langem angestrebt, war bis jetzt am Widerstand Kaiser Karls gescheitert. GM von Seeckt, nun Generalstabschef von Eh Joseph August im Kommando Ost, forderte von der DOHL (im Juni und Juli 1917), sich mit dem Aufbau einer selbständigen ungarischen Armee einverstanden zu erklären: denn “das militärische Österreichertum” habe weder Kraft noch Neigung, die Nationalitäten zu integrieren. Die Ungarn würden keine militärische Initiative entwickeln, sich passiv und resistent verhalten, weil innerhalb der Armee Tschechen und Polen bevorzugt wären. Die hervorragende, außerordentliche Kampfkraft der Ungarn könne nur dann erfolgreich ausgenützt werden, würde man ihnen die eigene Nationalarmee zugestehen.
Über die negativen Reaktionen zur Amnestie Kaiser Karls und über Czernins schwankende Haltung, er hatte sich dazu kritisch in deutschen politischen Kreisen geäußert, haben wir bereits berichtet.
Die nationalistischen Symptome im “Geist der Truppen” wurden zunächst vom Kriegsgeschehen am italienischen Kriegsschauplatz verdrängt, wo man die militärische Entscheidung zu erzwingen suchte.
Der Krieg gegen Italien, seit Ende Mai 1915 im Gange, entsprach den italienischen Kriegszielen. Die Offensiven richteten sich gegen Trient und Triest. Die Militärgrenze gegen Italien zog sich vom Ortler über die Dolomiten in die Karnischen und Julischen Alpen, vom Krn durch das Isonzotal zum Görzer Becken und in das Umland von Triest. Die österreichischen Befestigungsanlagen waren zwar seit Herbst 1914 überholt und verstärkt worden, boten jedoch keinen ausreichenden Schutz. General Luigi Cadorna hatte sich entschlossen, mit dem Hoch–und Mittelgebirgskrieg in Tirol nur die gegnerischen Truppen zu binden. Der Hauptstoß war gegen Triest gerichtet, von wo Cadorna hoffte, rasch Laibach und Marburg zu erobern und den Weg nach Graz und Wien zu erkämpfen. Es gelang den Italienern in neun Isonzoschlachten nicht, über Görz hinaus zukommen. Aber auch Conrad von Hötzendorf vermochte im Mai und Juni 1916 nicht, vom Gebirge in die venezianische Ebene vorzustoßen und wie geplant, die Italiener am Isonzo, von rückwärts kommend, einzuschließen und zu schlagen.
Das italienische Oberkommendo saß in Udine, das für die Isonzofront zuständige österreichisch–ungarische in Adelsberg. Die Isonzoschlachten von 1915 bis 1917 bewegten sich am Mittel–und Unterlauf des Isonzo. Der von Norden nach Süden ziehende 132 km lange Fluß, als Soca (Socca) im Trentatal aus einer Felsspalte hervorquellend und dann in Windungen und Schluchten als reißender Strom zum Meer ziehend, mündet im Golf von Triest. Das Gelände der zur Küstenebene abfallenden Berge des Friaul ist < karstig >: meist nackter, kahler, undurchdringlicher Steinboden, wasserarm und schwer gangbar. Diese bis zu 1.000 m steil aufragenden, rauhen Felshochflächen von Lom, Kal, Bainsizza und Ternova waren mehr oder weniger Wüsteneien. Durch die weite Entfernung der Eisenbahnstationen war die Versorgung der Truppe, der rechtzeitige Zuschub von Kriegsmitteln, der Nachschub von Reserven im Augenblicke der Gefahr äußerst schwierig. Das bisherige Liniensystem war im Hinblick auf das natürliche Hindernis der Isonzoschlucht nur dürftig und improvisierend angelegt. Von Stellungen im modernen Sinn konnte keine Rede sein. Die Bevölkerung wurde evakuiert, Hochflächen und Bergrücken erst durch den Straßenbau von Pioniertruppen und dazu eingesetzten russischen Kriegsgefangenen erschlossen.
Nachdem im Frühling 1917 der Versuch, mit Italien zum Frieden zu kommen am Widerstand Sonninos und der hinter ihm Stehenden gescheitert war, suchten Italien und die Entente die Kriegsentscheidung am Isonzo. Die drei Isonzoschlachten des Jahres 1917 sind als ineinander gehendes, einheitliches Frontgeschehen zu betrachten.
Die 10. Isonzoschlacht konzentrierte sich auf die Gebiete des Mte. S. Gabriele und Mte. Santo. Die Italiener planten, durch das Wippachtal südlich von Görz nach Triest vorzustoßen. Im Kampf zwischen der Plava und der Adria suchten die Italiener ihr Kriegsziel über das Plateau von Comen zu erreichen. Das Kräfteverhältnis der einander gegenüberstehenden Truppen–32 italienische und 16 ½ österreichisch–ungarische Divisionen, 1200 italienische Geschütze gegenüber 480 österreichisch–ungarischen–betrug 2:1.
In der letzten Phase behauptete die k.u.k. Armee die Hochfläche der Hermada und nahm 10.000 Italiener gefangen. Die Schlacht endete unentschieden mit großen Verlusten auf beiden Seiten. Dabei artete die veränderte Kriegführung zu Materialschlachten aus.
Der nächste Anlauf zur Kriegsentscheidung kam wieder von Italien. Ende Juni verschob es ganze Verbände an den Isonzo. Der Plan von Lloyd George, für den er bei den Konferenzen von Paris und London geworben hatte, mit der gesamten Ententemacht den Fall von Triest herbeizuführen und den Separatfrieden mit Österreich–Ungarn militärisch zu erzwingen, fand keine Zustimmung der Heerführer. General Cadorna erhielt französische und englische Geschütze, um die Offensive im im Spätsommer zu starten.
Die Vorstellungen von General Arz, die Italiener in einer Zangenbewegung von Tirol und vom Isonzo her zu besiegen, scheiterten an der knappen Vorbereitungszeit und an den mangelnden Truppen. Als die Schlacht im August ausbrach, waren die Kräfteverhältnisse Italiens und Österreich–Ungarns wieder 2:1. (44 italienische gegenüber 20 ½ österreichisch–ungarischen Divisionen). Die Italiener konnten Südteile des Plateaus von Comen gewinnen, schließlich bei Auzza den mittleren Isonzo überschreiten und die Hochfläche von Bainsizza–Heiligengeist nehmen. Die österreichische Verteidigungstaktik, Kaiser Karl verglich die Front mit einem Spinngewebe , hatte Erfolg. Arz nahm die Front zurück, die Italiener stellten die Offensive ein, die Schlacht kam im Becken von Görz zum Stehen. Die Italiener erschöpften sich in Einzelkämpfen, im Stellungskrieg und mit dem Verschießen von Artillerie. General Boroevic, hielt mit seiner Isonzo–Armee den Mte. S Gabriele. Nach letzten Angriffen der Österreicher endeten die Kämpfe an der Adriaküste und im Bereich der Hermada (12.–13.09.1917). Die beiderseitigen Verluste waren sehr hoch, der Munitionsverbrauch weit höher als bei der 10. Isonzoschlacht. Die Einnahme von Triest war mißlungen, obwohl die Italiener im Küstenabschnitt und am Bainsizzaplateau weit vorgedrungen waren.
Bereits während der 11.Isonzoschlacht hatte General Arz eine neue Offensive gegen Italien vom Isonzo aus geplant(12.Isonzoschlacht). Er wollte die feindlichen Stellungen im Raum Flitsch–Tolmein mit 15 Divisionen durchbrechen, vom Norden kommend nach Südwesten vorstoßen, die Italiener verfolgen und über den Tagliamento zurückwerfen.
Wie Conrad nachträglich feststellte, hatte Arz seine, Conrads, Pläne von 1916/17 aufgegriffen und durchzuführen versucht. Arz wollte mit der österreichischen 10. Armee, die in den Karnischen Alpen lag, die Italiener am Tagliamento angreifen. Er rechnete mit sechs Wochen Vorbereitungszeit für die Offensive bis 20.Oktober und wollte zur Verstärkung seiner Truppen sechs deutsche Divisionen anfordern. “[…]Ich betonte “–so Arz über sein Gespräch mit Kaiser Karl–”daß ich ausdrücklich deutsche Verbände verlange, nicht etwa, weil ich zu unseren eigenen nicht genügend Vertrauen hätte, sondern weil die viel reichlichere Dotierung deutscher Divisionen mit Kampfmitteln jeder Art, insbesondere mit Gas, Minenwerfern und Fliegern den Erfolg verbürge.[…]” Kaiser Karl war für die Offensive, begreiflicherweise nur mit eigenen Kräften; hoffte er doch auf ein baldiges legales Aussteigen Österreich–Ungarns aus dem deutschen Militärbündnis. Damals schienen die diplomatischen Aktivitäten für einen österreichisch–ungarischen Separatfrieden mit der Entente oder für einen Allgemeinen Frieden aussichtsreich. Arz bestand auf deutscher Waffenhilfe, so daß sich Kaiser Karl diesbezüglich am 26. August 1917 an Kaiser Wilhelm wandte. Dieser sagte erst zu, als österreichisch–ungarische Truppen an der Offensive von Riga teilnahmen, das am 4. September fiel und Kaiser Karl zugesagt hatte, keinen Sonderfrieden zu schließen.
Im Raum von Flitsch stellte sich das I. Korps ( Edelweißdivision, 22, Schützen–und 55. Infanteriedivision) auf. Sein Kommandant war “der nach Willenskraft und Können zu den besten zählende General der Infanterie Alfred Krauss.”
Im Raum von Tolmein vereinigte General Otto von Below sechs deutsche und drei österreichisch–ungarische Divisionen zur 14. deutschen Armee. Diese Armee war in vier Korps gegliedert, das Korps Krauss ihr unterstellt. Die 10. österreichische Armee unter dem ehemaligen k.u.k. Kriegsminister GO Alexander Frh von Krobatin flankierte das Korps Krauss westlich in den Julischen und Karnischen Alpen.
Östlich der 14. Deutschen Armee stand die Heeresgruppe Boroevic mit den beiden österreichischen Isonzo–Armeen bis zur Adria. Alle Truppen unterstanden dem Kommandanten der Süd–Front, Eh Eugen, den Oberbefehl führte Kaiser Karl.
Cadorna hatte die Offensive am 18. September 1917eingestellt. Die Italiener waren müde, ihre Verluste beliefen sich seit Mai 1917, Kranke mitgezählt, auf 720.000 Mann. Die von Frankreich und England zur Verstärkung überlassenen 200 Geschütze wurden abtransportiert. Die Italiener sahen zwar Truppenbewegungen des Gegners und befestigten zwischen Mitte September und Mitte Oktober die Tiroler die gesamte Isozofront: Sie rechneten aber mit keiner groß angelegten Offensive und stationierten ihre Reserven am mittleren Tagliamento sowie im Raum von Cormons–Palmanova–Cividale. Ihre 2. und 3. Armee sollte nur defensiv agieren. Unter dem Befehl des Herzogs von Aosta stand die 3. Armee vom Meer bis zum Wippachtal, unter GLt Luigi Capello die 2. Armee vom Wippachtal bis zum Massiv des Rombon. Zwischen 16. September und 22. Oktober erfolgte unter schlechtesten Wetterbedingungen und widrigsten Umständen die geheime und gut getarnte Vorbereitung der Österreicher. Wieder verhielt sich die Zahl der Truppen im Raum der Isonzofront zwei zu eins: die beiden italienischen Armeen zählten 34, die Streitkräfte der Zentralmächte 15 Divisionen. General Krauss beharrte gegenüber dem deutschen Generalstabschef Konrad Krafft von Dellmensingen auf dem Durchstoß des Flitscher Beckens bis zum Rombon. Die drei Linien der feindlichen Artillerie, von deutschen Fliegern entdeckt und fotografiert, bereits in die Generalstabskarten eingezeichnet, sollten durch Vergasung ausgeschaltet, die Kavernen mit italienische Geschützen unschädlich gemacht werden.
Am 20. und 21. Oktober liefen ein tschechischer und zwei rumänische Reserveoffiziere zu den Italienern über und verrieten das geplante Angriffsdatum (22. Oktober 1917), das endgültige erfuhren die Italiener durch ein Telephongespräch, das sie am 23. Oktober abhörten.
Strategie und Vorbereitung der Offensive, vom Gegner nachträglich als außerordentlich anerkannt, planten den Durchbruchsangriff im Norden, wo die Italiener durchstoßen, überrannt, dann am Tagliamento eingeholt und abgeschnitten werden sollten.
Am 24.Oktober war das Wetter schlecht: zuerst Sprühregen, dann Nebel, heftiger Regen und schließlich Schneestürme im Gebirge. Der Angriff begann um 2 h früh: deutsche Gaswerfer legten bis 4 h 30 die italienischen Batterien lahm. Um 6 h30 setzte Artilleriefeuer ein, um 7 h folgten die Minenwerfer.
Um 8 h stürmte die Infanterie der 14. Armee bei Tolmein los, um 9 h setzten sich die Truppen des General Krauß bei Flitsch in Bewegung. Das Flitscher Becken wurde genommen, nördlich davon der Gebirgsstock des Rombon erkämpft, über Berge und durch Schluchten nach Südwesten vorgestoßen. Die nordöstlich–südwestlich vordringenden Infanteriedivisionen eroberten Karfreit, Cividale und Görz, sie trieben die Italiener vom Isonzo zun Tagliamento.
Truppen der 10. Armee hatten von Kärnten aus das Kanaltal bei Chiusaforte aufgebrochen, deutsche Divisionen Udine erobert. Das gesamte italienische Armeeoberkommando war mit dem König von Italien und dem Herzog von Aosta, die anwesend waren, in Gefahr, gefangen zu werden . Am 31.Oktober standen die gemeinsamen Truppen am Tagliamento. Cadorna hatte, von Capello dazu bewogen, bereits am 27. Oktober den Rückzug angeordnet, ihre Oberkommanden zogen sich von Udine und Cervignano nach Treviso und Padua zurück.
Innerhalb von acht Tagen waren 180.000 italienische Soldaten gefangen, 1500 Geschütze erbeutet, die österreichischen Küstenlande befreit. Große Strecken in Venezien lagen hinter den Fronten der Zentralmächte. Österreichisch–ungarische und deutsche Divisionen verfolgten den Gegner, der überall Brücken und Übergänge über Flüsse und Kanäle zerstörte. Es gelang, ihn über die Piave zurückzudrängen.
Nun sollte General Conrad aus Südtirol angreifen, um die Italiener in die Zange zu nehmen. Bis 5. November waren Cortina d‘Ampezzo, der Col di Lana, Caprile und S. Martino di Castrozza besetzt, am 10. November begann die Offensive auf Asiago und Fort di Col di Lana. Der militärische Angriff kam vor dem Mte. Grappa und bei der Meletta zum Stehen. Wie bei im Frühjahr 1916 mißlang auch diesmal der Zusammenschluß von Tiroler Truppen mit den Kräften am Isonzo. Die Kämpfe wurden bis 20. November fortgesetzt; es stand zur Diskussion, die Italiener nach einer knappen Winterpause bis zur Etsch anzugreifen und zu schlagen. Eh Eugen und die Generäle Arz, Boroevic und Krauss stimmten diesem Plan zu, auch Kaiser Karl wollte die Offensive weiterführen. Den Ausschlag gab die DOHL, die grundsätzlich bereit war, die Kämpfe gegen Italien weiter zu unterstützen. Sie verlangte aber schon anfangs November, als die 14. deutsche Armee noch am Tagliamento stand, drei österreichisch – ungarische Divisionen von der SW-Front in den Osten zu verschieben, um eigene Truppen für den französischen Kriegsschauplatz frei zu bekommen. Nachdem Arz ablehnen mußte, beorderte Ludendorff vier deutschen Divisionen vor dem herannahenden Winter von der Italienfront nach Frankreich.
Am 2. Dezember stellte Kaiser Karl die Offensive (12.Isonzoschlacht) ein. In Tirol kämpfte man noch bis zur Jahreswende hartnäckig, erfolgreich und mit Verlusten um Meletta, Grappa und Mte Asolone. Das Korps Krauss wurde der Heersgruppe Conrad unterstellt. Damals waren bereits französische Soldaten auf dem italienischen Kriegsschauplatz eingesetzt.
Trotz des nicht erfolgten Kriegsentscheids war die 12.Isonzoschlacht ein gewaltiger Sieg der Zentralmächte und ein Denkmal des Patriotismus der k.u.k. Armee. Vom 20. Oktober bis 20. November hatten die Italiener 800.000 Mann verloren (10.000 Tote, 30. 000 Verwundete, 293.943 Gefangene und 400. 000 Versprengte), 3152 Geschütze, 1732 Minenwerfer, 3.000 Maschinengewehre und 300 000 Gewehre, 2.000 Maschinenpistolen. Die Verlustzahlen der Verbündeten sind nicht genau zu eruieren. Bis zur Einstellung der Offensive dürften sie bei ca. 70 000 Soldaten liegen. Die Mittelmächte erbeuteten Waffen, enorme Vorräte an Verpflegung, Sanitätsmaterial und Bekleidung. Ihre Frontlinie am Isonzo war von 384 km auf 140 km verkürzt. Am 8. November wurde General Luigi Cadorna enthoben und durch Generalleutnant Armando Diaz ersetzt.
Kaiser Karl hatte sich mit nur wenigen Unterbrechungen zwischen 19. Oktober und 26. November an den Fronten in Tirol und am Isonzo aufgehalten. Vom 19. bis 24. Oktober inspizierte er Truppen, Etappen und Kommandoeinrichtungen in Südtirol. Vom 27. bis 31.Oktober besuchte er von Pola und Triest aus die österreichisch–ungarische Kriegsmarine, inspizierte die Truppenbewegungen im Raum von Görz und in den Küstengebieten. Am 31.Oktober kehrte er mit dem Hofzug nach Payerbach–Reichenau zurück. Dann war er vom 4. bis 26. November z.T. mit Kaiserin Zita, seinem Bruder Eh Max und seinen Schwägern Felix und René in den Gebieten Görz, Gradiska, Cormons und Udine, im Raum bis zum Tagliamento, in Cerviniano und Monfalcone. Vom 7. bis 10. November besuchte er von Triest ausgehend wieder Küstengebiete bis Aquileia und Grado. In Aquileia war er von Schulkindern mit Palmzweigen empfangen worden. Man hatte sie aus S. Remo kommen lassen, um ursprünglich damit dem König von Italien zu huldigen.
Am 9. November begegnete Kaiser Karl Zar Ferdinand von Bulgarien und dessen Söhne Boris und Kyril in Triest und fuhr mit ihnen nach Görz und Palmanova. Die Routen der beiden Monarchen trennten sich, Kaiser Karl blieb im Raume Cervignano und Strassoldo, um durchmarschierende Truppen zu sehen.
Am 10. November 1917 geriet das Leibauto des Kaisers beim Überqueren des Torrefluß in tieferes Wasser, der Motor versagte. Ein nachkommendes Lastauto sollte das von den Fluten umspülte Leibauto aus dem Wasser ziehen und erlitt auch einen Kurzschluß. Der Leibjäger Reisenbichler und der Wachtmeister der Leibgarde Infanteriekompanie Tomek gingen nun in das Wasser, um den Kaiser an das Ufer zu tragen. Die beiden ungleich großen Retter verloren ihr Gleichgewicht und wurden zusammen mit dem Kaiser 150 m flußabwärts getrieben. Prinz Felix von Parma sprang ins Wasser, um seinem Schwager zu retten. Alle wurden im Flußbett zu einer Weide abgetrieben, schließlich konnte der Kaiser mit Hilfe eines Balkens von seinem Obersthofmeister Konrad Hohenlohe aus den Wasser gezogen werden. Hohenlohe schob diesen “lebensgefährlichen Unfall” des Kaisers auf die “Gschaftelhuberei” des Leibkammerdieners Reisenbichler und des Gardisten Tomek und stellte ihn, der von Presse und Öffentlichkeit dramatisiert wurde, als ganz harmlos dar. Der Kaiser spendete zum Dank für seine Errettung aus Lebensgefahr eine hohe Summe zur Errichtung und Ausgestaltung von Soldatenheimen. Sie sollten als nunmehr staatliche Einrichtung den Truppen zur Erholung und Bildung dienen.
Am 11. November, traf Kaiser Karl mit Kaiser Wilhelm II. bei Görz zusammen, um 19 h dinierten sie mit Kaiserin Zita, König Ferdinand von Bulgarien und dem Gefolge im Hofzug. Das Kaiserpaar blieb noch im Kriegsgebiet Zwischen 24. und 26. November konsultierte Kaiser Karl zwischen Cortina d‘Ampezzo und Feltre auch General Krauss wegen der geplanten Fortsetzung der Offensive. und kehrte dann über Villach nach Laxenburg zurück.
Unter den Eindrücken des ungeheuren Blutvergießens während der 12. Isozoschlacht erließ er an seinem Namenstag, dem 4. November, einen Armee–und Flottenbefehl. Kaiser Karl untersagte das Duell in Offizierskreisen, das auch Kaiser Franz Joseph offiziell verboten, in der Praxis jedoch toleriert hatte. Kaiser Karl erinnerte, die Austragung von Ehrenkränkungen mit Waffengebrauch sei gegen das göttliche Gebot, gegen das Gesetz und gegen das Vaterland, das auf jeden Mann zählte. Papst Benedikt XV. begrüßte diesen Schritt, während ihn die Offiziere dem jungen Kaiser sehr verübelten und heimlich versuchten, das Duellverbot zu desavouieren.
Es stellt sich die Frage, warum der Kaiser gerade im Augenblick einer siegreich gewonnenen Schlacht die Führer seiner Armee vor den Kopf stieß und die bereits schwelende Autoritätskrise anheizte. Kaiser Karl handelte nach seinem Gewissen: für ihn war es klar, daß die öffentliche Ordnung, für die er verantwortlich war, in Theorie und Praxis mit den Gesetzen Gottes und der Kirche übereinzustimmen hatte. Um so mehr nach einer gewonnenen Schlacht.